Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Louis Philippe & The Night Mail: The Road To The Sea (Review)

Artist:

Louis Philippe & The Night Mail

Louis Philippe & The Night Mail: The Road To The Sea
Album:

The Road To The Sea

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Art-Pop, Barock-Pop, Sixties-Pop, French-Pop, Folk, Singer-Songwriter, Sophisticated-Pop

Label: Tapete Records
Spieldauer: 46:19
Erschienen: 02.05.2025
Website: [Link]

Auf der langen Vermisstenliste des Qualitäts-Pop stehen XTC alphabetisch weit unten, für gar nicht mal so wenige Fans von bunt schillernden Melodien und exzentrischen Arrangements aber weit oben. Ja, diese Band wird bis heute verehrt, ihr toller Beatles-meets-Kinks-Pop der späten Jahre, legendär spätestens seit einer Serie fabelhafter Alben von "Skylarking" (1986) bis "Apple Venus" (1999/2000), fehlt seit über 20 Jahren doch sehr. Nur ganz hin und wieder hört man was vom schrulligen Sänger Andy Partridge, mal als Mitglied des Nebenbei-Projekts Three Wisemen, mal als Texter für das jüngste Steven-Wilson-Album "The Overview". Noch weniger erfährt man über Colin Moulding (Bass/Vocals) und Dave Gregory (Gitarre). 

Mit anderen Worten: Funkstille bei der großartigen Postpunk/Artpop-Band aus Swindon/Wiltshire, allem Anschein nach für immer. Warum das hier, in einer Review zu LOUIS PHILIPPE & THE NIGHT MAIL, eine Rolle spielt? Weil wohl niemand die Leerstelle von XTC und ihrer wunderbaren Musik der 80er/90er-Jahre so perfekt ausfüllen kann wie dieser französische Sophisticated-Pop-Dandy mit seinen versierten Begleitern: dem österreichischen Gitarristen Robert Rotifer, dem Keyboarder Danny Manners, dem Multiinstrumentalisten Andy Lewis und dem Drummer Ian Button.


Wurde schon das Vorgängerwerk "Thunderclouds" (2020) für die höchstmögliche Annäherung an den opulenteren XTC-Sound und einiger anderer Retro-Koryphäen bejubelt (Allmusic: "tricky chamber prog-pop suites"), so liefert LOUIS PHILIPPE nun mit "The Road To The Sea" den willkommenen Nachschlag. Und mit dem vorab ausgekoppelten, brillanten Song "Pictures Of Anna" fällt sogar regelrecht Manna vom Himmel für fast verhungerte Fans der ausgeklügelten Musik von Partridge/Moulding/Gregory.


LOUIS PHILIPPE? Dieser Name tauchte erst kürzlich mal wieder auf, als das verdiente Hamburger Label Tapete die Kompilation "The Rubens Room - Él Records: In Camera" veröffentlichte. Denn der vor knapp 66 Jahren als Philippe Auclair geborene Musiker war in den 80ern eine Galionsfigur des Auskenner-Labels Él Records und damit Teil eines regelrechten Kults um opulenten, Sixties-inspirierten Pop, der Wellen bis Japan schlug und mit dem Tribute-Sampler durchaus repräsentativ abgebildet wurde. Im Gegensatz zu anderen Künstlern der kleinen britischen Plattenfirma (etwa Anthony Adverse, The King Of Luxembourg, Would-Be-Goods, Marden Hill oder Bad Dream Fancy Dress) verschwand LOUIS PHILIPPE nicht in der Versenkung, sondern brachte weiterhin immer wieder sehr gut besprochene - und leider weniger gut verkaufte - Alben heraus.

Als anglo-französische Indie-Kultfigur und Pop-Connaisseur, der irgendwann tatsächlich als Sportjournalist reüssierte, blieb Auclair stets eine besondere Erscheinung. Dass er bestens vernetzt sowie bei Musikerkollegen beliebt und anerkannt war/ist (etwa Bertrand Burgalat, Dave Gregory, Sean O’Hagan von den High Llamas und Stuart Moxham von den Young Marble Giants), half über manche künstlerische Durststrecke hinweg. Auch jetzt wieder, in der zweiten Kooperation von LOUIS PHILIPPE & THE NIGHT MAIL, also mit einer festen Studio- und Liveband, in der beispielsweise der Paul-Weller-Bassist Andy Lewis mitspielt.


"The Road To The Sea" ist - soviel zur Warnung - kein Album für Hörer, die Rock in Großbuchstaben schreiben, softe Sounds mit Langeweile verbinden und helle, leicht blasierte Vocals als "unmännlich" ablehnen. Man sollte auch ein Faible für gefühlvolle, zartbesaitete Lieder haben, in denen als Ingredienzen neben den späten XTC noch Brian Wilson und The Beach Boys, French-Pop-Walzer, Piano-Jazz, üppiger Barock-Pop und Paddy McAloon/Prefab Sprout als Anklänge auftauchen. An den genialen Frontmann dieser wie XTC schon lange verstummten 80s/90s-Band hat LOUIS PHILIPPE seinen liebevollen neuen "Song For Paddy (Wings Of Desire)" adressiert.

Auch die Texte sind von der hypersensiblen Sorte, erst recht, wenn Auclair sie in seiner Muttersprache singt ("La Maison Sans Toit", "Le Baiser", "Ville Lumière"). Die Melodien und Arrangements von "The Road To The Sea" – stilvoll mit Grand Piano, Streichern, Bläsern, Flöten und Mellotron verziert – liefern Wohlklang pur. "Where Did We Go Wrong", "All At Sea", "A Friend" und "Always" ragen als besonders intensiv funkelnde Juwelen der Songwriter-Kunst heraus.


FAZIT: Es ist eigentlich ein heiter-melancholisches Herbst-Album, das LOUIS PHILIPPE & THE NIGHT MAIL passenderweise bei der deutschen Pop-Gourmet-Plattenfirma Tapete in einem sich schon sehr sommerlich anfühlenden Frühjahr herausbringt. Dem Fan von feinsten Retro-Psychedelic-Klängen soll’s recht sein. Denn diese 14 Songs sind genau das, was man schon über das erste Label von LOUIS PHILIPPE, die legendäre englische Edelpop-Schmiede Él Records, anerkennend sagte: "Eine Feier der Eleganz und Schönheit, eine Pop-Welt jenseits von Lederjacken und Jeans".

Werner Herpell (Info) (Review 163x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • The Road To Somewhere
  • Pictures Of Anna
  • Where Did We Go Wrong
  • La Maison Sans Toit
  • Those Days Of Summer
  • All At Sea
  • Le Baiser
  • Wine And Roses
  • Watching Your Sun Go Down
  • A Friend
  • Song For Paddy (Wings Of Desire)
  • To The Sea
  • Always
  • Ville Lumière

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Vervollständige: Wer anderen eine ___ gräbt, fällt selbst hinein.

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!